Social Trading Plattform

Freundlicherweise erhielt ich von dem von mir sehr geschätzten Autor des Steffens Daily, Jochen Steffens die Genehmigung, seinen Artikel vom 09.10.2013 auf stockstreet.de auch hier zu veröffentlichen.

Seine sachlich-kritischen Hinweise sollte jeder beachten, der nicht nur als Follower versucht, mit Social Trading Geld zu verdienen. 

Social-Trading – eine kleine, aber wichtige Warnung
von Jochen Steffens

Seit einiger Zeit werden im Internet vermehrt Plattformen beworben, die das sogenannte Social-Trading anbieten.

Dahinter verbirgt sich die eigentlich gar nicht so schlechte Idee, dass man Tradern eine Plattform bietet, sich mit anderen zu messen und den übrigen Anlegern die Möglichkeit gibt, den besten Tradern auf dieser Plattform zu folgen. Letzteres natürlich gegen Geld.

Eigentlich ist diese Idee zudem nicht einmal so neu, sie hat nur einen neuen Namen. Um die Jahrtausendwende herum waren es die Internetboards, in denen sich Trader tummelten. Damals folgten viele Anleger den Empfehlungen, welche die besten Trader dieser Foren in ihren „Threads“ gegeben haben. Doch eines ist anders: Heute wird damit Geld gemacht und das ist ein Teil des Problems. Dazu später mehr.

„Einfach“ macht es gefährlich

Während ich die Boards und Foren noch vergleichsweise gut finde, weil hier die Leser selber entscheiden können, welche Trades sie mitmachen oder nicht und meistens auch ein erheblicher Lerneffekt beim Mitlesen in diesen Threads verbunden ist, versuchen die modernen Social-Trading-Plattformen über Vermögensverwalter, Broker oder verbriefte Zertifikate eine Anlageklasse zu schaffen, welche die Trades dieser „besten Trader“ einfach abbilden. Hier fehlen dann aber teilweise die Kontrollinstanzen, die bei Fonds und anderen Anlageformen existieren.

Die Logik dahinter ist, den Anlegern das Investment in Social-Trading so einfach wie möglich zu machen. Er muss sich um nichts mehr kümmern.

Risiken des Social-Tradens

Früher verdienten die Trader in den Foren, die dort ihre Trades veröffentlichten, außer durch das Traden selbst, meistens kein Geld (Ausnahme: Front-Running, aber das ist ein anderes Thema). Bei den neuen Plattformen werden explizit Trader mit der Aussicht angeworben, dass sie durch die Veröffentlichung ihrer Trades an dem Verdienst der Plattform teilhaben können. Und jetzt wird es kritisch.

Am Anfang, wenn so eine Plattform eröffnet wird, sind häufig zunächst tatsächlich gute Trader dabei, die eine solide Arbeit machen. Aber sobald eine Plattform größer wird und sich damit Geld verdienen lässt, werden vermehrt die typischen, ich nenne sie mal vorsichtig: „Schlitzohren“, auftauchen. Und dann passiert Folgendes:

Wie komme ich schnell nach oben

Meistens gibt es bei diesen Plattformen eine Liste, die man nach verschiedenen Kriterien sortieren kann. Die meisten Kunden dieser Plattformen wird ausschließlich die Performance interessieren. Nun werden solche Schlitzohren mehrere Konten eröffnen, in der Hoffnung, wenigstens eines davon wird sich schon gut entwickeln. Daraufhin werden sie entweder hoch riskante Trades machen oder hoch riskante Tradingstrategien anwenden. Gerade in starken Aufwärtstrends lassen sich bei einer entsprechenden Risikoneigung und etwas Glück hohe Gewinne erzielen. Und diese sind notwendig. Schließlich muss das Schlitzohr einen möglichst hohen Platz in der Liste der besten Trader erreichen. Denn nur dann werden andere Anleger bereit sein, diesem Schlitzohr zu folgen und nur wenn dies geschieht, verdient er Geld.

Seriöse Trader verschwinden sodann mit ihren „vernünftigen“ Tradingansätzen entweder von der Bestenliste, oder sie passen sich an.

Das Hauptproblem dieser Art des Social-Tradings ist also, dass es zu hoch riskanten Tradingansätzen verführt!

Und dann kommt der Kurseinbruch

Das alles wäre kein Problem, wenn im Aktienmarkt nicht immer wieder diese blöden Konsolidierungen auftauchen würden. Und hier trennt sich eben die Spreu vom Weizen. Wie schon in den Jahren 2000-2003, als viele dieser Trading-Threads in den Foren verschwanden, wird es auch viele dieser High-Risk-Depots im Social-Trading geradezu zerreißen, wenn es zu einer großen Konsolidierung oder sogar einem Crash kommen wird.

Und genau das ist das, was passieren wird. Irgendwann. Eben weil die meisten Strategien aufgrund der Konkurrenzsituation auf extreme Performance ausgerichtet sind (wie eben damals bei den Trading-Threads).

Kurz zusammengefasst: Da hier Trader in direkter Konkurrenz traden und nur dann Geld verdienen, wenn sie wirklich weit oben in der Bestenliste stehen, werden viele Trader sich lediglich um die kurzfristige Performance-Maximierung kümmern, nicht aber um die langfristige Risikominimierung! Und diese Art von Hau-Drauf-Trading führt nun einmal häufig zu erheblichen Verlusten in starken Konsolidierungen, die oft sogar die gesamte Performance der vorangegangenen Gewinne wieder auffressen und unter dem Strich zu Verlusten führen (sonst wäre Börse ja einfach).

Das Zeitverschiebungsproblem

Nun steigen aber die meisten Anleger nicht etwa am Anfang in diese Depots ein, also bevor die Gewinne gemacht werden. Schließlich stehen diese Depots zu diesem Zeitpunkt noch weit hinten auf der Liste. Nein, sie werden erst dann reagieren, wenn dieser Trader bereits beachtliche Gewinne erzielt hat und weit oben in der Liste steht.

Sie werden also meistens erst dann investieren, wenn ein längerer Aufwärtstrend stattgefunden hat und ein Trader entsprechend risiko- und erfolgreich getradet hat. Und damit haben wir im Kleinen das Problem, dass im an den Aktienmärkten im Großen so typisch für die Entwicklungen ist: Die meisten Anleger steigen erst dann ein, wenn sie eine entsprechend positive historische Entwicklung zu erkennen glauben. Also häufig nahe der Hochs und damit vor Konsolidierungen. Dazu kommt, dass maches Mal auch einfach nur Glück zu einer sehr hohen Performance führen wird, und Glück ist selten langfristig…

In großen Aufwärtstrends kann dieses Spiel, wie gesagt, sogar eine relativ lange Zeit gut funktionieren, umso bitterer wird dann oft das Erwachen.

Jetzt könnten Sie sagen: Okay, dann passe ich eben auf, und steige aus, wenn ich eine schlechte Phase erkenne. Ja, aber wenn Sie so sicher sind, dass Sie schlechte Phasen rechtzeitig bemerken, dann könnten Sie auch einfach ein hoch gehebeltes Index-Zertifikat kaufen. Sie brauchen demnach kein Social-Trading, wofür denn dann noch? Zumal sie sich so die zum Teil doch erheblichen Gebühren sparen. Seltsam nur, dass diese scheinbar so einfache Strategie eigentlich nie funktioniert.

Große Versprechungen

Richtig kritisch wird es, wenn Anleger, die ihr Kapital dort angelegt haben, den Versprechungen Glauben schenken und sich auf die Geschicke der „besten“ Trader verlassen. Da bei sehr riskanten Tradingansätzen auch schnell hohe Verluste eintreten können, besteht die Gefahr, dass diese Anleger irgendwann plötzlich, ohne es quasi mitzukriegen, mit herben Verlusten konfrontiert werden.

Weitere Probleme

Hinzu kommen, je nach Plattform, Probleme mit der Transparenz und den Kosten. Wer garantiert und insbesondere kontrolliert zum Beispiel, dass die veröffentlichten Depots sich tatsächlich in der Vergangenheit wie dargestellt entwickelt haben und nicht einfach zu Werbezwecken massiv aufgehübscht wurden? Hier gibt es zum Beispiel einen Broker, der eine Art Social-Trading anbietet, (es geht um eine Firma im Ausland) bei denen im Internet von Usern mittlerweile erhebliche Zweifel an der Echtheit der dort vorgestellten Depots angemahnt werden (da ich das nicht überprüfen kann und will, das nur als Hinweis zu vertieften Vorsicht.)

Eine wichtige Frage, die auch für andere Anlageklassen gilt: Wo liegen die versteckten Kosten? Teilweise sind im Hintergrund Banken oder Broker beteiligt, welche den Tradern der Social-Trading-Plattform ihre eigenen Kurse, und damit ihren eigenen Spread (Unterschied zwischen Kauf- und Verkaufskurs) aufzwingen. Und gerade dieser Spread wird bei der Gebührenbeschreibung gerne außen vorgelassen, kann aber den Anleger viel Geld kosten.

Besonders kritisch wird es, finde ich übrigens, wenn sich große Broker, Banken und entsprechend reichweitenstarke Medien zusammenschließen. In so einem Fall wird dann auch eine kritische Berichterstattung und Auseinandersetzung nicht mehr stattfinden. Das ist aber bereits in eine mögliche Zukunft gedacht.

Das Emittentenrisiko

Und dann, je nach Anlageart der Social-Trading-Plattform kann es auch noch ein erhebliches „Emittentenrisiko“ geben. Also was passiert zum Beispiel mit dem Anlagekapital der Kunden, wenn der Anbieter der Plattform in Konkurs geht? Wo liegt das Geld wirklich, wie ist es für den Fall der Fälle abgesichert? Wer hat Zugriff auf die Konten, etc. Wie schnell kriege ich mein Geld wieder, wenn ich kündige? Aber auch bei Zertifikaten und anderen Anlagearten besteht einfach ein erhöhtes Emittentenrisiko.

Tipps zum Umgang mit Social-Trading

Wenn Sie sich auf „Social-Trading“ einlassen, und die Trades nicht selbst verfolgen, sollten Sie auf keinen Fall den Tradern „blind“ vertrauen, also Geld investieren, ohne beständig (!) zu kontrollieren, ob eine vergleichbare Performance wie bisher auch weiterhin erwirtschaftet wird. Versuchen Sie im Internet über die Suchmaschinen herauszufinden, ob sich Kunden bereits sehr negativ geäußert haben. Wobei man auch hier wiederum vorsichtig sein muss, weil im Internet grundsätzlich gerne gemotzt wird, oft auch zu Unrecht.

Sie sollten ebenfalls genau prüfen, ob die Performance des jeweiligen Traders, dem Sie folgen wollen, über einen ausreichend langen Zeitraum entsprechend positiv war und sich nicht von Zahlen oder wenigen guten Trades blenden lassen.

Zudem gilt auch hier wieder der Grundsatz der Diversifikation. In solche Anlagen darf immer nur ein Teil des Depots investiert werden, besonders wenn große Gewinne gemacht werden! (Das Risiko steigt ausnahmslos linear zur Gewinnmöglichkeit). Seien Sie immer höchst skeptisch und prüfen Sie genau, was Sie tun und was die andere Seite tut.

Und ganz besonders: Lassen Sie sich gerade nach so langen Trendphasen, wie wir sie gerade hinter uns haben, nicht von extremen Gewinnen blenden. Wie gesagt, hohe Gewinnmöglichkeiten gehen stets mit hohen Risiken einher. Davon gibt es keine (!) Ausnahme. Das gilt im Übrigen natürlich auch für alle anderen Anlageklassen.

Die ewig gleichen Gesetzmäßigkeiten

Während es früher die Foren waren, die als das Non-Plus-Ultra galten, nennt man heute das gleiche Spiel, nur besser verpackt, „Social-Trading“. Und in einigen Jahren wird es wieder etwas Neues geben. Seltsam nur, dass auf Dauer meistens gerade die eher unerfahrenen Anleger mit diesen neuen Methoden Geld verlieren.

Seien Sie also sehr vorsichtig und lassen Sie sich nicht blenden.

Börsenbriefe, auch ein Sumpf

Wobei, und das Folgende muss der Objektivität wegen ergänzt werden: Social-Trading ist natürlich im Vergleich zu den vielen höchst unseriösen Börsenbriefen, die leider immer und immer wieder im Internet angeboten werden, nahezu harmlos. Meine eigene Branche kennt da traurigerweise viele, viele schwarze Schafe – keine Frage. Das ist gemeinhin bekannt.

Aber ich wollte Sie trotzdem für die Risiken sensibilisieren, da ich gerade in jüngster Zeit eine gewisse Kritiklosigkeit und Euphorie gegenüber den „Social-Trading“-Plattformen ausmachen kann. Sie kennen mich, immer wenn ich irgendwo Euphorie an den Börsen bemerke, warne ich. Und gerade in Geldangelegenheiten sollte man stets bemüht sein, neben den Chancen vor allem die Risiken zu betrachten!

Noch kurz zum Markt

Zwar gerieten die US-Märkte gestern im Vorfeld des Starts der Berichtssaison noch unter Druck, dank guter Zahlen von Alcoa konnte sich jedoch die japanische Index heute Nacht gut halten und auch der DAX machte diesen Kursrückgang der amerikanischen Indizes zunächst nicht mit. Doch der Budgetstreit in den USA belastet ohne Frage weiterhin. Und so lange hier keine Einigung gefunden wird, bleiben die Börse im politischen Modus gefangen.

Viele Grüße

Ihr

Jochen Steffens

www.stockstreet.de

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